Metalinsen

Konventionelle refraktive Optikkomponenten sind relativ groß, teuer und zeitaufwändig in der Herstellung mit hoher Präzision. Dies sind signifikante Begrenzungen für portable und wearable Applikationen. In den vergangenen Jahren sind Metaoberflächen als vielseitige Möglichkeit zur Wellenfrontdeformation bekannt geworden. Seitdem es möglich wurde, Strukturen im Sub-Wellenlängenbereich kontrolliert mit Dicken im Wellenlängenbereich bzw. darunter herzustellen wurden eine Vielzahl kompakter optische Entwicklungen demonstriert, die auf Meta-Oberflächen basieren. Dies schließt flache Linsen, Polarimeters, Axicons, Polarisationselemente und Hologramme ein. Allerdings sind diese Entwicklungen bisher im hohen Maße wellenlängenabhängig.

Metalinsen sind neuartige optische Bauteile, die Licht nicht wie herkömmliche Linsen fokussieren, sondern auf sogenannten Metaoberflächen beruhen. Dadurch können sie bis zu 1000-mal flacher ausfallen und zukünftig bisher unerreicht kompakte und leichte optische Systeme ermöglichen – möglicherweise sogar mit Auflösungen unterhalb der Wellenlänge.

Das Konzept der Metamaterialien entstand bereits um die Jahrhundertwende. Die Herstellung von 3D-Metamaterialien für optische Wellenlängen blieb jedoch aufgrund der erforderlichen geringen Strukturen schwierig. Mit Metalinsen die gleiche optische Leistungsfähigkeit wie mit herkömmlichen Linsen zu erreichen, ist eine Herausforderung, an der Forscher schon fast zwei Jahrzehnte arbeiten. Oft funktionierten die demonstrierten Metalinsen bisher nur mit Licht einer bestimmten Wellenlänge oder einer bestimmten Polarisation. Vor gut einem Jahr gelang Forschern jedoch ein entscheidender Durchbruch. Auf der Grundlage von verbesserten Computerberechnungen konnten sie eine komplex strukturierte Metaoberfläche herstellen, die Licht unabhängig von dessen Polarisation und über fast den gesamten Bereich des sichtbaren Spektrums fokussieren kann (460 bis 700 Nanometer) – und dies sogar in einen einzigen Brennpunkt. Letzteres gelingt selbst mit einer herkömmlichen Linse nicht, da unterschiedliche Wellenlängen unterschiedlich stark gebrochen werden. Zur Korrektur dieser sogenannten chromatischen Aberration müssen in Objektiven von Mikroskopen und Kameras daher heute zusätzliche Korrekturlinsen eingesetzt werden, um scharfe Bilder erzeugen zu können. Mit diesen von sich aus achromatischen Metalinsen werden daher äußert flache Objektive vorstellbar, wobei auch sie sind mit ihren nur 26 Mikrometern Durchmesser momentan noch bei weitem zu klein für eine praktische Anwendung. [1]

Eine Metalinse besteht aus einem flachen lichtdurchlässigen Trägermaterial mit einer nanostrukturierten Oberfläche, die mehrere hundert Nanometer dick ist und sich aus unterschiedlich dimensionierten Elementen wie Säulen, Rillen oder Bohrungen von wenigen zehn bis hunderten Nanometern Durchmesser zusammensetzt. In den letzten Jahren gab es vor allem bedeutende Fortschritte bei der computerbasierten Berechnung solch komplexer nanostrukturierter Oberflächen, mit denen die Ausbreitung des Lichts beeinflusst wird. So funktionieren experimentell demonstrierte Metalinsen nicht mehr nur im Bereich einer einzelnen Wellenlänge, sondern beispielsweise auch fast im gesamten sichtbaren Spektralbereich. Je nach Wellenlängenbereich, in dem eine Metalinse eingesetzt werden soll, werden für diese Metaoberflächen Materialien mit einem entsprechend geeigneten Transmissionsverhalten verwendet (z. B. Titandioxid, Siliziumnitrid oder Galliumphosphid im sichtbaren und Aluminiumnitrid im ultravioletten Spektralbereich sowie Chalkogenid-Legierungen im mittleren und Silizium im langwelligen Infrarotbereich).

Bild 1. Linsentypen im Vergleich (Quelle: Spektrum der Wissenschaft/Mike Zeitz)

Eine klassische Linse bündelt Licht mittels ihrer gekrümmten Oberfläche (Bild 1 oben). Bleiben nur diese stehen und entfernt man die inneren Glasschichten, ist eine viel dünnere und leichtere Fresnel-Linse übrig (Mitte). Ihr brechender Effekt ist ähnlich, doch die Ringstruktur ermöglicht keine gute Abbildung mehr. In mikroskopischen Dimensionen lassen sich die sägezahnähnlichen Stufen durch einzelne, unterschiedlich breite Nanoblöcke in einem transparenten Halbleiter ersetzen (unten). Bei einer solchen Metalinse verzögern die Strukturen die Wellen des Lichts gerade so, dass es in eine bestimmte Richtung gebündelt wird.

Die Nanoelemente wirken dabei wie optische Resonatoren und verzögern die einzelnen Lichtwellen beim Durchgang durch die Metaoberfläche. Da sie sich in ihren Abmessungen voneinander unterscheiden, kommt es an unterschiedlichen Stellen der Metaoberfläche zu verschieden starken Verzögerungen. Hinter der Metaoberfläche überlagern sich die Lichtwellen zu neuen Wellenfronten mit anderen Ausbreitungsrichtungen. Speziell bei Metalinsen sind die Elemente so konzipiert und verteilt, dass sich das Licht dahinter so ausbreitet wie bei einer herkömmlichen Linse. Generell lassen sich Metaoberflächen aber auch so gestalten, dass sie die Funktionalitäten von anderen optischen Komponenten nachahmen, wie beispielsweise von Strahlteilern, Polarisatoren oder Beugungsgittern.

Um störende Beugungseffekte zu vermeiden, müssen die einzelnen Nanoelemente im Durchmesser deutlich kleiner sein als die Wellenlänge des Lichts. Zur Herstellung von Metaoberflächen kommen daher lithografische Verfahren zum Einsatz. Die bisher demonstrierten Metalinsen sind oft noch mittels Elektronenstrahllithographie erzeugt worden, wobei die gewünschten Strukturen nacheinander mit einem Elektronenstrahl zunächst in eine entsprechende Lackschicht geschrieben werden müssen. Da dieser Prozess sehr zeitaufwändig ist und die Zahl der benötigten Elemente zudem mit dem Quadrat des Linsendurchmessers wächst, sind die demonstrierten Metalinsen bisher noch sehr klein – mit unter 100 Mikrometern Durchmesser zu klein für die meisten praxisrelevanten Anwendungen. In Zukunft sollen sie jedoch mit den existierenden fotolithografischen Verfahren der Chipherstellung mit größeren Durchmessern und in Massen gefertigt werden können – dann zu einem Bruchteil der Kosten herkömmlicher Linsen.

Bild 2. (a) Herkömmliche diffraktive Linse, die mit der ersten Beugungsordnung arbeitet und assoziierte chromatische Längsaberration aufweist. b) Multiorder diffractive (MOD) Linse, die um die m-te Größenordnung der Beugung arbeitet und die Fähigkeit zeigt, mehrere harmonische Wellenlängen am selben Punkt zu fokussieren, (Quelle: J. Engelberg, The Center of Nanosciense, Hebrew University Jerusalem [3])

Beide Arten von Linsen haben eine radial variierende Gitterperiode d, die unabhängig von der Wellenlänge ist. (c) Achromatische Metalinse, die achromatisches Verhalten auf der ersten Beugungsordnung implementiert, indem sie Nanosäulen mit hoher Dispersion verwendet. Für verschiedene Wellenlängen wird eine jeweils andere lokale Periode d zur Fokussierung auf denselben Punkt implementiert

Beim Design größerer Metalinsen stößt man allerdings auf eine weitere Herausforderung. So müssen Lichtwellen vom Rand der Metalinse einen weiteren Weg zurücklegen als solche, die durch die Mitte der Metalinse zum Fokuspunkt laufen, so dass sie dort nicht gleichzeitig ankommen. Um diesen Effekt zu kompensieren, müssen die Strukturen der Metaoberfläche zusätzlich zur fokussierenden Wirkung die Lichtwellen aus den mittleren Bereichen passend verzögern. Eine Lösung hierfür wäre, die Metalinsen entsprechend dicker zu machen, wobei jedoch die benötigte Höhe der Nanostrukturen technisch heute noch längst nicht realisierbar wäre. Womöglich gibt es hierfür alternative Lösungen. So könnte man mehrere Metalinsen übereinanderstapeln, um wie bei herkömmlichen Linsensystemen die optischen Abbildungsfehler der einzelnen Linsen gegenseitig zu korrigieren, oder entsprechende Fehler ließen sich im Nachhinein herausrechnen, wie dies in ähnlicher Weise bei heutigen Smartphone-Kameras mit ihren einfachen Optiken zunehmend gehandhabt wird. Inzwischen haben sich Metalinsen als vielversprechend erwiesen, indem sie herkömmliche refraktive Linsen für einige Anwendungen übertreffen. Metalenz (Boston, MA), ein Startup, das aus Capassos Labor hervorgegangen ist, produziert inzwischen Metalinsen für spezialisierte Smartphone-Sensoren.

Bild 3 zeigt Raster-Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Subwellenlängensäulen einiger einfacher Metalinsen, die durch Abscheiden von Atomschichten aus Titandioxid (TiO2), das im Sichtbaren transparent ist, auf einem millimeterdicken Substrat hergestellt werden. Die Wände sind vertikal und glatt. Die Verwendung von High-Index-Materialien wie TiO2 erzeugt starke Wechselwirkungen zwischen dem einfallenden Licht und der Metaoberfläche.

Bild 3. Subwellenlängensäulen von TiO2 bilden einfache Metalinsen auf skaliert dargestellten Substraten. Ihre Formen, Größen und Anordnungen steuern die Biegung des Lichts, das vertikal in die Metastruktur eindringt. (Quelle: Metalenz)

Die Säulen müssen transparent sein und einen hohen Brechungsindex bei der Betriebswellenlänge aufweisen. Titandioxidsäulen werden im sichtbaren Bereich verwendet, wo der Brechungsindex zwischen 2,4 im Rot und 2,8 im Blau liegt. Silizium wird im nahen Infrarot (Nah-IR) verwendet, wo es weitgehend transparent ist und einen Brechungsindex von 3,4 aufweist.

Für die Skalierung auf die Massenproduktion ist Silizium die erste Wahl, weil es in der Elektronik so weit verbreitet ist. Silizium absorbiert jedoch stark bei sichtbaren Wellenlängen und ist in anderen Bändern nicht vollständig transparent. Siliziumnitrid (SiN) ist im Sichtbaren transparenter, und siliziumreiches SiN kann mit einem Brechungsindex von 2,74 bei 685 nm hergestellt werden. SiN leidet jedoch unter einer hohen Absorption in bestimmten sichtbaren Bändern, was sein Potenzial für Breitband-Metalinsen einschränkt.

Das Interesse an sichtbaren und nahen IR-Wellenlängen ist aufgrund ihrer breiten Verwendung in der Bildgebung, Kommunikation und anderen Anwendungen hoch, aber für andere Wellenlängenbereiche werden andere Materialien benötigt. Laut Tian Gu vom Massachusetts Institute of Technology (MIT; Cambridge, MA) werden Chalkogenidgläser im mittel- bis langwelligen Infrarot (IR) eingesetzt. Zum Beispiel ist Bleitellurid bei 5,2 μm transparent und kann auf einem Calciumfluoridsubstrat in 650-nm-Schichten abgeschieden werden, die nur ein Achtel der Freiraumwellenlänge ausmachen, ein kleinerer Anteil als für die Materialien, die in der sichtbaren oder nahen IR-Metalinsen verwendet werden. Der Abstand zwischen den Säulen in diesen Nah-IR-Metalinsen betrug 2,5 μm, die Hälfte der Freiraumwellenlänge. Längere Wellenlängen vereinfachen einige Aspekte der Herstellung von Nah-IR-Metalinsen, da die einzelnen Säulen nicht so klein sein müssen wie im sichtbaren, allerdings sind die benötigten Materialien nicht so gut entwickelt wie Silizium.

Das untere Ende des sichtbaren Spektrums und das nahe Ultraviolett stellen mehr Probleme dar, da die Strukturen viel kleiner sind und Materialien und Prozesse für großflächige Metaoberflächen weniger entwickelt sind. Galliumnitrid (GaN) und SiN sind mögliche Optionen.

Das Verhalten einer Metaoberfläche wird hauptsächlich durch die Struktur der „Metaatome“ gesteuert, im Gegensatz zu herkömmlichen Massenoptiken, die auf der Geometrie der optischen Komponente beruhen. Wenn das Licht in das Metall eintritt, verzögert und streut jede Säule oder jedes „Metaatom“ das Licht unterschiedlich und emittiert das Licht als separate Wellenfront. Dann verzögert die Anordnung der Säulen die Wellenfronten und näht sie zusammen, um die neue Wellenfront zu erzeugen, die aus den Metallen hervorgeht. Der Prozess beugt theoretisch etwa 95% des Lichts durch die Metaoberfläche und bietet Meta-Optik-Vorteilen in Bezug auf Größe, Gewicht, Leistung, Übertragungseffizienz und Kosten gegenüber herkömmlichen Brechungslinsen.

Die Säulen können in vielen Formen und Formen hergestellt werden, solange sie kleiner als die Betriebswellenlänge bleiben. Einige Säulen sind rechteckige Platten oder Zylinder, während andere komplexer sind. Ihre Größe und Ausrichtung können über die Oberfläche einer Metalinse variieren. Es wurde gezeigt, dass Metaoberflächen beliebige Reflexion und Brechung erzeugen können, die Licht fokussieren und / oder Polarisation steuern können, um holographische Bilder zu projizieren und so weiter.

Die elektromagnetische Theorie beschreibt sowohl Metamaterialien als auch Metaoberflächen, und frühe Arbeiten umfassten metallische Komponenten sowie Dielektrika in 2D- und 3D-Materialien. Die theoretische Analyse zeigte jedoch, dass rein dielektrische Metaoberflächen mit hohem Kontrast Licht effektiver streuen, als wenn sie Metallschichten enthalten. Heute herrschen für Metaoberflächen rein dielektrische Strukturen vor.

Jede Säule fungiert als Resonator oder vertikaler Wellenleiter, der über einen Phasenbereich von 2π abgestimmt werden kann; Dies ist länger als das maximal mögliche Maximum für dünne Metallstäbe. Die Anpassung und Anordnung der Subwellenlängensäulen ermöglicht es Metalinsen, Licht mit feinerer Präzision zu beugen und zu biegen, als dies mit brechenden Massenoptiken möglich ist. Die Fähigkeit von Subwellenlängenstrukturen innerhalb von Metalinsen, Licht zu lenken, ähnelt der Fähigkeit kleiner Metallfunkantennen, Radiowellen zu lenken, die viel größer sind als die Antennen.

Achromatische Metalinsen

Wissenschaftler von der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (SEAS) haben die erste Einzellinse entwickelt, die das gesamte sichtbare Spektrum des Lichts inklusive weißem Licht im selben Punkt und mit hoher Auflösung fokussieren kann. Das gelang bisher nur in konventionellen Objektiven mit mehreren hintereinander gereihten Linsen.

Das Fokussieren des gesamten sichtbaren Lichtspektrums erweist sich deshalb als so schwierig, weil sich jede Wellenlänge in jeweils anderem Tempo durch Materialien bewegt. Rot wird sich beispielsweise schneller das Glas durchqueren als Blau und so werden die beiden Farben denselben Ort zu verschiedenen Zeiten erreichen, was in verschiedenen Fokussen resultiert. Dieses Phänomen ist auch als chromatische Aberration bekannt.

Daher nutzen Kameras und optische Instrumente mehrere gewölbte Linsen unterschiedlicher Dicke und Materialien, um diese Bildfehler zu korrigieren. Diese Tatsache macht die Geräte größer, als sie eigentlich sein müssten.

“Metalinsen haben Vorteile gegenüber traditionellen Linsen,” sagt Federico Capasso, Professor of Applied Physics und Senior Autor der Forschungsarbeit. “Sie sind dünn, leicht zu fertigen und kostengünstig. Dieser Durchbruch macht diese Vorteile über das gesamte Spektrum des sichtbaren Lichts nutzbar. Das ist der nächste große Schritt.“

Die von Capasso und seinen Mitarbeitern entwickelten Linsen weisen eine Reihe von Titandioxid-Zähnchen (Nanofins) auf, um die Wellenlängen gleichermaßen zu fokussieren und die chromatischen Aberrationen zu beseitigen. Frühere Studien konnten zeigen, dass sich unterschiedliche Wellenlängen schon fokussieren ließen, aber bei unterschiedlichen Entfernungen durch die Optimierung der Form, Breite, Distanz und Höhe der Nanofins. In dieser neuen Arbeit haben die Entwickler Einheiten von paarweise angeordneten Nanofins geschaffen, welche das Tempo unterschiedlicher Wellenlängen simultan steuern.  Sie steuern den Brechnungsindex auf der Meta-Oberfläche und sind so abgestimmt, dass sie unterschiedliche Zeitverzögerungen für das die unterschiedlichen Nanofins passierende Licht herbeiführen und somit gewährleisten, dass alle Wellenlängen den Brennpunkt gleichzeitig erreichen.

Inzwischen haben sich Metalinsen als vielversprechend erwiesen, indem sie herkömmliche refraktive Linsen für einige Anwendungen übertreffen. Metalenz (Boston, MA), ein Startup, das aus Capassos Labor hervorgegangen ist, produziert inzwischen Metalinsen für spezialisierte Smartphone-Sensoren.

Die Produkte der ersten Generation des Unternehmens sind ziemlich einfache Designs für Gesichtserkennungssysteme, die auf strukturiertem Licht basieren, das aus Sicherheitsgründen in Smartphones eingebaut ist. In das Telefon integrierte VCSELs blitzen mit 850 nm oder 940 nm, um das strukturierte Licht bereitzustellen. Metalinsen mit einem Durchmesser von typischerweise 1 bis 3 mm sammeln das zurückgegebene Licht und fokussieren es auf einen flachen Sensor. Die bereits demonstrierte Technologie steht für diesen Einstiegsmarkt zur Verfügung.  Die Near-IR-Sicherheitsanwendung erfordert keinen großen Spektralbereich, so dass Metalinsen der ersten Generation mit der relativ einfachen Anordnung zylindrischer Säulen (rechts in Bild 3) verwendet werden können, um das schmalbandige Licht auf den planaren Sensor zu fokussieren. Mehrere Brechungslinsen wären erforderlich, um das gesammelte Licht gleichmäßig über eine planare Oberfläche zu fokussieren, was es schwierig macht, sie in ein dünnes Smartphone zu passen.

Lidar ist eine weitere beliebte Sensoranwendung für Smartphones, die Apple in seiner iPhone 12-Linie eingeführt hat. Ähnlich wie die Gesichtserkennung benötigt Lidar keinen breiten Wellenlängenbereich, so dass es Metalinse verwenden kann, um zurückgegebenes Licht auf flache Sensoren zu fokussieren. Bestehende Smartphone-Lidars können Entfernungen bis zu 5 m messen, aber die Technologie könnte auf längere Entfernungen für die Kartierung in Augmented Reality erweitert werden. Die dreidimensionale Profilerstellung ist eine weitere potenzielle Anwendung, die jedoch einer Weiterentwicklung bedarf.

Ein weiterer Schritt ist die Farbbildgebung. Einfache Metalinsen fokussieren nicht alle Wellenlängen auf die gleiche Entfernung, so dass sie für Farbkameras nicht achromatisch genug sind. Dies erfordert die Verwendung einer vielfältigeren Palette von Säulenformen und -größen, um alle Farben im Bild auf die gleiche Ebene zu fokussieren – das wird in einer Kamera der zukünftigen Generation der Fall sein. [6]

Bild 4. Diese flache Metalinse kann als erste Einzellinse das gesamte sichtbare Spektrum des Lichts im selben Punkt und in hoher Auflösung fokussieren. (Quelle: Jared Sisler/Harvard SEAS)

Metalinsen für VR-und AR Anwendungen

Wissenschaftler an der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (SEAS) haben die erste planare Linse vorgestellt, die mit hoher Effizienz im sichtbaren Spektrum des Lichts arbeitet und dabei die gesamte Farbskala abdeckt. Sie könnte die raumgreifenden Linsen und Linsengruppen in Kamera-Objektiven ersetzen. Die Linse kann Strukturen im Nanobereich kleiner als die Wellenlänge des Lichts auflösen. Eine mögliche Anwendung stellen tragbare optische Systeme für Virtual und Augmented Reality dar.

 „Das Verfahren ist möglicherweise revolutionär, weil es im sichtbaren Spektrum arbeitet, was heißt, dass es das Potential hat, Linsen in allen möglichen Geräten, von Mikroskopen bis zu Kameras, Displays und Mobiltelefonen zu ersetzen,“ sagt Federico Capasso, Robert L. Wallace-Professor of Applied Physics und Vinton Hayes Senior Research Fello in Electrical Engineering und Senior Autor des Papers. „In naher Zukunft werden Metalinsen in großem Maßstab zu einem Bruchteil der Kosten konventioneller Linsen gefertigt werden, wobei die Fabriken genutzt werden, die Mikroprozessoren und Speicherchips produzieren.“

„Die chromatische Aberration über das sichtbare Spektrum mit einem einzeln optischen Element effizient zu korrigieren, war bisher außer Reichweite“, sagt Bernard Kress, Partner Optical Architect von Microsoft. „Die Metalens-Entwicklung der Gruppe von Capasso erlaubt die Integration von breitbandigen Bildsystemen in sehr kompakter Form, so dass optische Subsysteme der nächsten Generation die Themen Gewicht, Größe, Leistung und Kosten wirksam angehen können, zum Beispiel wie jene, die es für tragbare AR/VR-Displays braucht.“

Um rotes, blaues und grünes Licht zu fokussieren benötigte das Team einen Werkstoff, der das Licht nicht absorbieren oder streuen würde, ein Material mit einem hohen Brechungskoeffizienten. Um die notwendigen Größenordnungen zu erreichen, sollte es eines sein, dass bereits im industriellen Einsatz ist. Das Team verwendete Titandioxid, ein allgegenwärtiges Material, um eine Matrix von gleichmäßigen Nanostrukturen zu schaffen, die das Herz der Metalinse darstellt.

„Wir wollten eine einzelne flache Linse mit solch einer hohen numerischen Apertur herstellen, dass sie Licht in einem Fleck kleiner als dessen Wellenlänge fokussiert“, sagt Mohammadreza Khorasaninejad, Postdoctoral Fellow im Capasso Lab.  Dies erhöhe die mögliche Auflösung des Bilds.

Das Team hat die Anordnung so konstruiert, dass sie eine Struktur kleine als eine Wellenlänge des Lichts, ungefähr 400 Nanometer, auflösen kann. Herkömmliche Linsen müssten akkurat poliert werden, so Wei Ting Chen, Ko-Autor und Postdoctoral Fellow im Capasso Lab. „Jede Abweichung in der Krümmung, jeder Fertigungsfehler verschlechtert die Leistung der Linse. Unsere Linse kann in einem einzigen Schritt gebaut werden: eine Schicht Lithografie, und man erhält eine hochkorrigierte Linie, mit allem, was man dafür braucht.“

Wie frühere Metalinsen verwendet diese Linse Anordnungen von Titandioxid-Nanofinnen, um die Wellenlängen des Lichts gleichmäßig zu fokussieren und chromatische Aberration zu eliminieren. Durch das Engineering der Form und des Musters dieser Nanoarrays konnten die Forscher die Brennweite der roten, grünen und blauen Lichtfarbe steuern. Um die Linse in ein VR-System einzubauen, entwickelte das Team ein augennahes Display mit einer Methode, die sich Faserscanning nennt. Das Display, inspiriert von fiber-scanning-basierten endoskopischen Bioimaging-Techniken, verwendet eine optische Faser durch eine piezoelektrische Röhre. Wenn eine Spannung an die Röhre angelegt wird, scannt die Faserspitze nach links und rechts sowie nach oben und unten, um Muster anzuzeigen, wodurch ein miniaturisiertes Display entsteht. Das Display erreicht eine hohe Auflösung, hohe Helligkeit, einen hohen Dynamikbereich und einen großen Farbumfang.

Bild 5. Das Augment-Reality-Bildgebungsergebnis verwendet das vollfarbige Near-Eye-Fiber-Scanning-Display, das ein virtuelles RGB-Farbbild zeigt, das in einer realen Szene schwebt (Quelle: Zhaoyi Li / Harvard University).

In einer VR- oder AR-Plattform würde die Metalinse direkt vor dem Auge sitzen, und das Display würde innerhalb der Brennebene der Metalinse sitzen. Die vom Display gescannten Muster werden mit Hilfe der Metalens auf die Netzhaut fokussiert, wo sich das virtuelle Bild bildet. Für das menschliche Auge erscheint das Bild im AR-Modus als Teil der Landschaft, in einiger Entfernung zu unseren tatsächlichen Augen.  Als Nächstes will das Team die Linse noch weiter hochskalieren, um sie mit aktuellen Großserien-Fertigungstechniken für die Massenproduktion zu geringen Kosten kompatibel zu machen. [7]

Eine der gerade spannenden, möglichen Anwendungen sind tragbare optische Systeme für Virtual und Augmented Reality. Hier könne das Verfahren das Gewicht und die Maße reduzieren und die Linsen dünner als ein Blatt Papier machen.

Bereits in den 1950er Jahren entwarf der US-amerikanische Filmemacher Morton Heilig ein multisensorisches Ein-Personen-Theater mit einem stereoskopischen Farbdisplay. Das Sensorama, wie er es nannte, erhielt keine finanzielle Unterstützung, bleibt aber eines der frühesten Beispiele für Virtual Reality (VR) -Technologie. Heute hat sich VR zu einem Punkt entwickelt, an dem kommerziell erhältliche Geräte regelmäßig in den Bereichen Unterhaltung, Bildung, Ingenieurwesen und anderen Branchen eingesetzt werden. Headsets sind jedoch aufgrund der Einschränkungen durch optische Linsen, die den Komfort und das Seherlebnis des Benutzers beeinträchtigen, immer noch relativ sperrig in Größe und Gewicht. Um dieses Problem zu lösen, demonstriert eine neue Studie ein innovatives VR-System unter Verwendung flacher Oberflächen mit Nanostrukturen, die Licht fokussieren und nur zwei Millimeter im Durchmesser messen

Bild 6. Das VR-System-Setup mit flacher Linse besteht aus einer Metalinse, die auf einem 2-Zoll-Glaswafer hergestellt wird (links) und einer Scanfaser, die durch eine Piezoröhre (rechts) montiert ist. (Quelle: Zhaoyi Li/Harvard University)

Die Forscher validierten ihr Design zunächst mit Simulationen und theoretischen Studien, bevor sie das Gerät herstellten. Die Metalinse bestand aus Titandioxid-Nanoflossenstrukturen, die auf einem Kieselsäuresubstrat mit Elektronenstrahllithographie und Atomlagenabscheidung und Ätzen hergestellt wurden. Experimente zur Messung der Leistung zeigten eine nahezu ideale Fokussierung, die sowohl achromatisch als auch beugungsbedingt war.

In einem VR / AR-Headset wird eine Linse vor dem Auge mit einem Display platziert, das sich innerhalb des Fokusplans der Linse befindet, wodurch das Auge virtuelle Bilder sieht, die weiter entfernt erscheinen. Die Forscher verwendeten ein selbstgebautes, augennahes Glasfaser-Scanning-Display mit hoher Auflösung, Helligkeit und Dynamikumfang mit einer Kamera, um die virtuellen Bilder aufzunehmen. Die Ergebnisse zeigten eine relativ gleichmäßige Lichtintensitätsverteilung und eine relativ hohe Bildauflösung.

Forscher der Princeton University in Stanford haben eine Meta-Linsen-Kamera entwickelt, mit der hochauflösende Bilder möglich sind. Ihre Linse ist gerade einmal einen halben Millimeter groß und liefert dennoch Fotos, die mit einer klassischen Objektiv-Kamera mithalten können. Die Wissenschaftler erhoffen sich durch die winzige Kamera neue, kommerzielle Anwendungsbereiche von Meta-Linsen, besonders im Bereich von minimal invasiven Endoskopien und Hirnscans.

Die Linse der Mikro-Kamera hat einen Durchmesser von 500 Mikrometern und trägt auf ihrer Oberfläche circa 1,6 Millionen Stäbchen. Diese bestehen aus Siliziumnitrid und sind rund 100 bis 290 Nanometer dick. Jedes Stäbchen hat eine einzigartige Geometrie und man kann sie als eine Art optische Antenne betrachten

Die von den Metastrukturen manipulierten Lichtstrahlen werden von einem Sensor erfasst und müssen dann wieder zu einem Bild rekonstruiert werden. Den dafür notwendigen Algorithmus entwickelten die Forscher mithilfe von maschinellem Lernen. Ein Schlüsselelement war dabei die Hand-in-Hand-Entwicklung von Hard- und Software. „Durch die Kombination zu einer Ende-zu-Ende-Entwicklung konnten wir gemeinsam die gesamte Bildverarbeitung optimieren“, so die Forscher. „Das ist auch der Hauptunterschied zu bestehenden Methoden, die die Brennpunkgröße getrennt von der Rekonstruktionsmethode betrachtet haben.“

Um die Qualität der Bilder zu beurteilen, fotografierten die Wissenschaftler verschiedene Motive und verglichen die Resultate mit zwei bereits vorhandenen Modellen auf Basis von Meta-Linsen und einer herkömmlichen Kamera. Keine der bisher vorgestellten Meta-Optiken bietet eine vergleichbare Kombination aus Bildqualität, niedriger Blendenzahl von 2,0 und großem Sichtfeld.

Eine weitere Besonderheit der neu entwickelten Linse ist, dass das verwendete Siliziumnitrid auch von solchen Maschinen verarbeitet werden kann, die beispielsweise Computerchips aus Halbleitern herstellen. Da diese Verfahren schon industriell verbreitet sind, erwarten die Wissenschaftler eine schnelle und kostengünstige Massenproduktion der Meta-Linsen. [8]

Gigapixel-Kamera

Finanziert durch einen fünfjährigen Zuschuss in Höhe von 7,5 Millionen US-Dollar durch den Wettbewerb der Multidisciplinary University Research Initiative (MURI) des Verteidigungsministeriums, wird das Team eine „Superkamera“ entwickeln, die fast jede Art von Informationen erfasst, die Licht tragen kann, wie Polarisation, Tiefe, Phase, Kohärenz und Einfallswinkel. Die neue Kamera wird auch Edge-Computing- und Hardwarebeschleunigungstechnologien verwenden, um die große Menge an Informationen, die sie im Gerät erfasst, in Echtzeit zu verarbeiten. Neben der Duke University in Durham sind Forscher des California Institute of Technology, der City University of New York, der Harvard University, Stanford. University and the University of Pennsylvania am Projekt beteiligt.

Aktuelle Kameras für fortschrittliche optische Sensoren sind in der Regel nur auf eine Eigenschaft des Lichts gleichzeitig begrenzt und verwenden sperrige und kostspielige Scansysteme, was ihre Verwendung stark einschränkt. Und selbst wenn sie in der Lage wären, mehr Informationen zu erfassen, würde die Rechenleistung, die erforderlich ist, um alles vor Ort zu verstehen, sie noch sperriger machen. Das neue MURI-Team wird Durchbrüche in den Bereichen Metaoberflächen, Computerdesign, grundlegende Modaloptik und Informationstheorie nutzen, um ein Bildgebungssystem zu schaffen, das sowohl die Erfassung als auch die Verarbeitung bewältigen kann und gleichzeitig seine Größe und sein Gewicht rationalisiert.

Zusammengenommen stellt das Projekt eine neue Forschungsgrenze an der Schnittstelle von Nanowissenschaften, Photonik und Informationswissenschaft dar, die die Grundlage für fortschrittliche Bildgebung in einer On-Chip-Plattform legen wird, die für eine Reihe von Entwicklungen entscheidend ist, die ultrakleine Größe, Gewicht und Leistung erfordern.

Auch wenn beispielsweise Action-Kameras wie eine GoPro gemessen an der Größe ihres Gehäuses schon keine schlechten Bilder produzieren – in einen menschlichen Körper kann man damit wohl kaum gucken. Dafür benötigt es andere Lösungen, die bislang jedoch nur „unscharfe, verzerrte Bilder mit eingeschränkten Sichtfeldern“ lieferten.

Um das zu ändern, haben Forscher der US-amerikanischen Princeton University eine neue Kamera entwickelt, die zwar so winzig wie ein Salzkorn sei, jedoch gestochen scharfe, vollfarbige Bilder erzeugen könne, die mit einem 500.000-mal größeren Objektiv einer herkömmlichen Systemkamera vergleichbar seien. Bei den Ergebnissen könne man lediglich etwas verschwommene Ränder entdecken. Die Kamera soll bei minimalinvasiver Endoskopie mithilfe medizinischer Roboter zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten zum Einsatz kommen.

Bild 7. Mini-Kamera für hochauflösende Biolder (Quelle: Mark Brongersma, Princeton University Stanford)

Im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras, die auf gekrümmten Glas- oder Kunststofflinsen setzen, um die Lichtstrahlen zu fokussieren, basiere das neue System auf einer Metalinsen-Technologie Diese könne ähnlich wie ein Computerchip auch in Massen hergestellt werden und sei nur einen halben Millimeter breit. Auf dieser Fläche fänden sich 1,6 Millionen Pins, die wie eine „optische Antenne“ funktionieren würden. Auch wenn die Technologie prinzipiell nicht neu sei, liege die Besonderheit in der Kombination aus dem Metasurface-Ansatz und der neural-gestützten Verarbeitung, heißt es in einer Pressemitteilung der Princeton University. Das Team arbeitet nun daran, die Kamera um Berechnungsfunktionen zu erweitern. Neben der Optimierung der Bildqualität möchten sie Fähigkeiten zur Objekterkennung und andere für Medizin und Robotik relevante Erfassungsmodalitäten hinzufügen.

Doch nicht nur in der Industrie, auch bei Endverbrauchern könnte die Metasurface-Technologie irgendwann Anwendung finden. Einzelne Oberflächen könnten in Kameras mit ultrahoher Auflösung verwandelt werden, so dass man nicht mehr drei Kameras auf der Rückseite des Smartphones bräuchte, sondern die gesamte Rückseite des Telefons bildet eine großflächige Kamera. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die Bauweise. Neben dem US-Verteidigungsministerium haben übrigens auch Google, Amazon und Facebook die Entwicklung finanziert. [9]

Metalinsen für 180°-Fisheye und Weitwinkel

Forscher des MIT haben eine einzige 1mm flache Glasscheibe zu einem 180°-Fisheye-Objektiv gemacht. Sie nutzen dazu die neue Metalinsen-Technik. Die Glasscheibe des Metalinsen 180°-Fisheye-Objektivs aus Kalziumfluorid und besitzt auf einer Seite eine dünne Beschichtung aus Blei-Tellurid in welche per hochauflösenden lithographischen Verfahren ein Muster winziger optischer Strukturen eingeritzt wurde. Bei herkömmlichen Fisheye-Objektiven erzeugt die

Krümmung des Glases auf natürliche Weise eine Verteilung der Phasenverzögerungen, die letztendlich zu einem Panoramabild führt. Das Forscherteam des MIT errechnete ein entsprechende Meta-Atom-Muster mit ähnlicher Wirkung und ritzte dieses Muster in die Rückseite des Flachglases ein. Das Metalinsen-Fisheye liefert so eine nahezu perfekte Qualität im gesamten 180° Blickfeld des Bildes ohne Verzerrungen. [10]

Bild 8. 3D-Illustration der Wide-Field-of-View-Metalinse, die ein 180°-Panorama des Killian Court des MIT aufnimmt und ein hochauflösendes monochromatisches flaches Bild erzeugt (Quelle: MIT, Mikhail Shalaginov et al.).

Forscher der Nanjing University in China haben eine ultradünne Kamera entwickelt, die knapp 0,3 Zentimeter dick ist, aber dennoch klare Bilder mit einem Betrachtungswinkel von mehr als 120 Grad erzeugen kann. Bei einer Vollformatkamera entspricht das etwa einem 10-mm-Objektiv.  Weitwinkelfotografie wird normalerweise durch die Kombination mehrerer Objektive erreicht, die sich miteinander stapeln, um sowohl eine Szene zu visualisieren als auch verschiedene Aberrationen zu korrigieren. Selbst wenn man es in so etwas wie ein Smartphone miniaturisiert, ist das Ergebnis eine Kamera mit bemerkenswerter Masse.

Bild 9. Schematische Darstellung des Prinzips und der Gerätearchitektur. (a) Schematische Darstellung der Weitwinkelbildgebung durch MIWC (Metalens Instead Wide-angle Camera)

Die obere Darstellung zeigt das Prinzip mit jedem Teil des Weitwinkelbildes, der von jeder einzelnen Metalinse separat abgebildet wird. b) Foto des MIWC. Das Metalinsen-Array ist in der Mitte der vergrößerten Abbildung auf der rechten Seite zu sehen. c) Architektur des MIWC. Das Array wird direkt auf dem CMOS-Bildsensor (DMM 27UJ003-ML) integriert und durch ein optisch klares Klebeband fixiert.

Im Vergleich zu einer einzelnen Metalinse erzeugt die planare Kamera ein Bild, das jeden Buchstaben deutlich mit einem Betrachtungswinkel von mehr als 120 Grad zeigt, dreimal breiter als eine normale Kamera und ohne Verlust an Bildqualität. [11]

Adaptive Metalinsen

Die Metalinsen-Technologie könnte eine Revolution in der Herstellung von Objektiven bedeuten, da Metalinsen bedeutend flacher sind als herkömmliche Objektive und so extrem leichte, kompakte und auch kostengünstige Optiken ermöglichen.

Bei Metalinsen sind die Mikrostrukturen normalerweise so konzipiert und verteilt, dass das Licht dahinter wie bei einer herkömmlichen Linse in einem Brennpunkt zusammenläuft. Es lassen sich Metaoberflächen aber auch so gestalten, dass sie die Funktionalitäten von anderen optischen Komponenten nachahmen, wie beispielsweise von Strahlteilern, Polarisatoren oder Beugungsgittern. Sogar Funktionen wie Funktionen wie eine Bildstabilisierung oder Zoom könnten mittels einer Änderung der Mikrostrukturen per elektrischer Felder realisiert werden. Zudem sind Metalinsen per Natur achromatisch.

Das vergangene Jahrzehnt war eines der bedeutenden technologischen Fortschritte in verschiedenen Branchen. Wir haben den Aufstieg des modernen Smartphones (und Tablets daneben), einer neuen Generation von Spielekonsolen, medizinischen KI-Innovationen und zunehmend effizienter und leistungsfähiger Computerhardware erlebt. Jetzt sehen wir einen weiteren großen Sprung bei der Entwicklung optischer Bauelemente, dank eines Durchbruchs, der von Harvard SEAS-Forschern entdeckt wurde.

Das Team hat eine „adaptive Metalinse“ entwickelt, die ihren Fokus in Echtzeit anpassen kann, wie es das menschliche Auge kann – aber mit einigen zusätzlichen Verbesserungen, die es ihm ermöglichen, das zu übertreffen, wozu selbst die besten menschlichen Augen in der Lage sind.

Diese Metalinsen können nicht nur ihren Fokus ändern, sondern auch dynamisch „Aberrationen“ wie Astigmatismus (ein Zustand, der verschwommenes Sehen verursacht) und „Bildverschiebung“ korrigieren. Ein solches Objektiv wäre für die Verbraucher enorm nützlich: Es könnte in High-Tech-Brillen eingebaut, in Kameras installiert oder in Mikroskopen verwendet werden.

Bild 10. Foto einer Metalinse (aus Silizium), die auf einer transparenten, dehnbaren Polymerfolie ohne Elektroden montiert ist. Das bunte Schillern wird durch die große Anzahl von Nanostrukturen innerhalb der Metalle erzeugt. (Quelle: Capasso Lab / Harvard SEAS)
Bild 11. Das adaptive Metalinse fokussiert Lichtstrahlen auf einen Bildsensor, ein elektrisches Signal steuert die Form der Metalinse, um die gewünschten optischen Wellenfronten (rot dargestellt) zu erzeugen, (Quelle: Capasso Lab / Harvard SEAS)

In Zukunft werden adaptive Metalinsen in Bildgebungssysteme wie Handykameras und Mikroskope eingebaut und ermöglichen einen flachen, kompakten Autofokus sowie die Möglichkeit, optische Aberrationen gleichzeitig zu korrigieren und eine optische Bildstabilisierung durchzuführen, alles in einer einzigen Ebene.

Offenbar ist es den Forschern gelungen, zwei Branchen zu kombinieren: die Halbleiterfertigung und die Linsenherstellung. „Diese Forschung bietet die Möglichkeit, zwei Industrien, die Halbleiterherstellung und die Linsenherstellung, zu vereinen“, sagte der Forscher Federico Capasso. „wobei die gleiche Technologie, die zur Herstellung von Computerchips verwendet wird, verwendet wird, um metaoberflächenbasierte optische Komponenten wie Linsen herzustellen.“

Die Metalinsen des Teams bestehen aus vielen winzigen „Nanostrukturen“, eingebetteten Elektroden und dielektrischen „Elastomeren“ (künstlichen Muskeln), die basierend auf der an sie angelegten Spannung schrumpfen oder dehnen können. Die Idee war, ein gesundes menschliches Auge nachzuahmen, das den umgebenden Ziliarmuskel verwendet, um die Form seiner „Linse“ zu verändern und dann darauf aufzubauen.

Insgesamt sind Metalinsen und die entsprechenden Elastomere nur etwa 30 Mikrometer dick, können aber bis zu mehreren Millimeter (oder mehr) im Durchmesser sein. Im Vergleich zu den früheren Metalinsen-Projekten des Forschungsteams, könnte sich dieses neue Objektiv als weitaus effizienter und praktischer für Verbrauchergeräte und Brillen erweisen. [12]

Fertigungstechnik für die Volumenproduktion

Ein entscheidender Vorteil von Metalinsen ist das Potenzial, die für die Halbleiterproduktion entwickelten photolithographischen Prozesse an die Massenproduktion der Nanostrukturen anzupassen. Die Laborproduktion hing weitgehend von der Elektronenstrahllithographie (E-Beam) ab. Die E-Beam-Fertigung ist im Labor von Vorteil, da sie flexibel, extrem feine Kontrolle und hohe Auflösung bietet. Obwohl es eine Sache nach der anderen schreibt, kann es mühsam sein. Die Tief-UV-Lithographie (Tief-UV) kann zum Testen verwendet werden, aber die Technologie eignet sich besser für die Herstellung mehrerer Kopien von Chips als für das Testen einzelner Kopien neuer Designs. Metalenz setzt nun die Deep-UV-Lithographie auf 30-cm-Wafern ein, die auch in der Halbleiterelektronik Verwendung findet.

„Wir können die Tiefen-UV-Lithographie verwenden, um etwa 5000 Linsenmatrizen herzustellen, die 3 × 3 mm oder 12.000 2 × 2-mm-Dies auf einem einzigen Wafer mit bis zu 100 Wafern pro Stunde messen“, sagt Devlin. Sie verwenden Glaswafer, die 775 μm dick sind, die gleiche Dicke, die zur Herstellung von Siliziumelektronik verwendet werden

Bild 12 zeigt einen 30-cm-Wafer mit 5000 TiO2-Metallenzen in verschiedenen Größen auf seiner Oberfläche. Jedes kleine Rechteck, das auf der Oberfläche sichtbar ist, enthält das gleiche Muster von Metalinsen in mehreren Größen. In der Mitte befindet sich ein 1-mm-Objektiv, wobei die Vergrößerung rechts Säulen auf der Oberfläche zeigt. (Courtesy of Rob Devlin, Metalenz)

Bild 12. Betrachten Sie ein Metall auf Skalen vom Wafer bis zu der Reihe von Säulen, die das Licht lenken. (Quelle: Metalenz)

Andere Techniken als die Photolithographie werden ebenfalls für die Herstellung von Metallen untersucht. Man legt ein Muster auf einem Substrat ab und überträgt es dann auf ein anderes Substrat, ähnlich der Flip-Chip-Technik, die in der integrierten Photonik verwendet wird, um III-V-Lichtemitter auf einem Substrat herzustellen und sie dann zur Verklebung auf siliziumintegrierte Elektronik zu entfernen. Eine Option, die für IR-Metaoberflächen untersucht wird, ist das direkte Laserschreiben, bei dem ein Hochleistungslaserstrahl Material von der Oberfläche abträgt oder andere Eigenschaften der Oberfläche ändert. Die chemische Selbstorganisation von herstellenden Nanosphären, die sich aufeinander ausrichten, wird ebenfalls untersucht. Weitere Optionen für eine reproduzierbare Großserienproduktion sind die Rolle-zu-Rolle-Nanoprägung und die weiche Lithographie mit Elastomeren anstelle von härteren anorganischen Halbleitern.

Ausblick

Das letzte Jahrzehnt der Forschung hat beeindruckende Fortschritte bei Metaoberflächen im Allgemeinen und bei Metalinsen im Besonderen gebracht. Ein beeindruckendes Forschungsvolumen zeigt, dass Metalinsen für erste praktische optische Anwendung von Metamaterialien gut funktionieren. Forscherteams am California Institute of Technology (Pasadena, CA), der Columbia University (New York, NY), der University of Michigan (Ann Arbor, MI), der University of Rochester (Rochester, NY) und der King Abdulla University of Science and Technology (Saudi-Arabien) arbeiten an aktuellen Programmen.

Metalenz ist nur eines der vielversprechenden Startups. Tunoptics, ein Spin-off der University of Washington (Seattle, WA), wird von der DARPA finanziert, um Metalinsen für die Satellitenbildgebung zu entwickeln. Lumotive (ebenfalls in Seattle) entwickelt die Flüssigkristall-Metasurface-Technologie für hochauflösendes Strahllenkungs-Lidar. Weitere Unternehmen werden wahrscheinlich folgen, wenn die Metalinsen-Technologie ihr Versprechen einhält, die Optik zu verflachen und optische Geräte weiter zu miniaturisieren.

Auch aus China und Europa liegen Informationen über Forschungsarbeiten sowohl zu optisch wirksamen Metaoberflächen als auch zur Bauelementefertigung im industriellen Maßstab vor.

Forscher an der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg haben ein schnelles Herstellungsverfahren entwickelt. Sie überbeziehen dünne Glasscheiben mit einer flachen Kunststoffschicht und schneiden daraus die gewünschten lichtbrechenden Nanostrukturen mit einem Elektronenstrahl frei. Die Elektronenstrahllithografie ist eine etablierte Technik in der Mikroelektronik, um Strukturen im Nanometerbereich zu erzeugen. Das Auflösungsvermögen ist noch feiner als bei der Fotolithografie. [13]

„Mit unserem Verfahren erzeugen wir flache Linsen mit den gleichen Brechungseigenschaften wie herkömmliche Kameralinsen, aber nur einem Tausendstel der Materialstärke“, berichtet Studienautor Daniel Andrén. Die Kunststoffschicht lässt sich so dünn herstellen, dass in Kombination mit einem ultradünnen Glassubstrat die fertige Linse biegsam ist. Bereits die im Labor erzeugten Testlinsen mit Beschichtung aus PET (Polyethylenterephthalat) erwiesen sich als über Monate stabil, sogar bei Temperaturen bis zu 100°C.

Das dänische Unternehmen für optische Lösungen NIL Technology (NILT) entwickelt und produziert Meta-Optiken für Smartphones, Unterhaltungselektronik und AR/VR/MR. Je nach Anwendung bestehen die metaoptischen Elemente (MOEs) von NILT aus Anordnungen von Säulen mit Durchmessern von unter 100 nm mit vertikalen Seitenwänden. [14]

Bild 13. Nahaufnahme metaoptischer Linsen, Design und Fertigung von NIL Technology (Quelle: NIL Technology)

Die Kombination von Nanoimprint-Lithographie mit E-Beam-Lithographie ermöglicht die Herstellung hochwertiger, kostengünstiger metaoptischer Elemente in Losgrößen, die für die Massenfertigung geeignet sind. Die Nanoimprint- oder Nanoprägelithografie ist ein Nanolithografie-Verfahren zum kostengünstigen Herstellen von Nanostrukturen mittels eines nanostrukturierten Stempels. Als Positiv werden häufig Monomere oder Polymere verwendet, die nach dem Prägen aushärten müssen.

Übersetzung aus dem Englischen und redaktionelle Bearbeitung: Dr. Wolf-Dieter Prenzel

Literatur

[1] Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT

[2] Mike Beckers: Papierdünne Linsen dank Nanostrukturen, in: Spektrum Spezial Physik, Mathematik, Technik 4/2019

[3] Achromatic flat Lens performance limits, Jacob Engelberg and Uriel Levy, Optica Vol. 8, No. 6 / June 2021

[4] Jeff Hecht, Laser Focus World June 23, 2021

[5] Thorlak Vestergaard, Laser Focus World April 20, 2022

[6] „A broadband achromatic metalens for focusing and imaging in the visible“ Wei Ting Chen, Alexander Y. Zhu, Vyshakh Sanjeev, Mohammadreza Khorasaninejad, Zhujun Shi, Eric Lee & Federico Capasso Nature Nanotechnology volume 13, pages 220–226 (2018)

[7] Z. Li, P. Lin, Y.-W. Huang, J.-S. Park, W.T. Chen, Z. Shi, C.-W. Qiu, J.-X. Cheng and F. Capasso, «Meta-optics achieves RGB-achromatic focusing for virtual reality», Science Advances 7 (5) eabe4458 (2021), DOI: 10.1126/sciadv.abe4458

[8] „Additive manufacturing of strong silica sand structures enabled by polyethyleneimine binder“, Dustin B. Gilmer, Lu Han et. al., Nature Communications volume 12, Article number: 5144 (2021)

[9] „Neural nano-optics for high-quality thin lens imaging“ by Ethan Tseng, Shane Colburn et. al.   Nature Communications volume 12, Article number: 6493 (2021) https://doi.org/10.1038/s41467-021-26443-0

[10] Nano Letters (www.doi.org/10.1021/acs.nanolett.0c02783)

[11] “Planar wide-angle-imaging camera enabled by metalens array” by Ji Chen et. al., Optica, Vol. 9, Issue 4 (2022)

[12] Alan She, Shuyan Zhang, Samuel Shian, David R. Clarke and Federico Capasso: Adaptive metalenses with simultaneous electrical control of focal length, astigmatism, and shift, Science Advances, Vol. 4, no. 2, eaap9957 (2018) doi: 10.1126/sciadv.aap9957

[13] Andren,D. et. al., Large-Scale Metasurfaces Made by an Exposed Resist, ACS Photonics (2020) doi.org/10.1021/acsphotonics.9b01809

[14] Metalens breakthrough with extremly high efficiency demonstrated by NIL Technology, Presseinformationen NILT, Copenhagen DK (2022)

[15] „Metalens for Near-Eye Augmented Reality“, Shonfeng Lau et. al. https://doi.org/10.1515/nanoph-2021-0583

[16] Recent advances of wide-angle metalenses: principle, design, and applications, XianGang Luo et. al. Nanophotonics, doi.org/10.1515/nanoph-2021-0583

[17] „Metasurface optics for full-color computational imaging“, Shane Colburn, Alan Zhan, Arka Majumdar, Science Advances, 4 (2018)

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