Computergestützte Bildgebung für eine linsenlose „Durchsichtkamera“

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Einführung

Herkömmliche Kameras verdecken die Sicht auf das Objekt oder die Szene, die sie aufnehmen. Es ist interessant, die Möglichkeiten zur Überwindung dieser Einschränkung zu untersuchen, die Anwendungen in Fahrerassistenz-Technologien für Automobile, Augmented-Reality-Headsets usw. ermöglichen könnten. Es gab in letzter Zeit einige Versuche, dieses Ziel zu erreichen [1-4]. Eine bemerkenswerte Arbeit von Microsoft, Inc [1] verwendet eine keilförmige optische Platte (Keil-Optik), um das auf das Fenster treffende Licht gleichzeitig auf die Unterseite des Keils zu leiten und
zu fokussieren. Durch die Beibehaltung der optischen Konjugation zwischen Fenster und Fensterkante kann die Keiloptik sowohl für Kamera- als auch für Projektoranwendungen verwendet werden.

Allerdings ist die effektive Öffnung der Keiloptik auf die obere Fensterhälfte begrenzt, so dass die untere Fensterhälfte abgedeckt werden muss, um unerwünschtes Streulicht zu eliminieren. Ein zweiter Ansatz, der als LumiConSense [2-4] bezeichnet wird, basiert auf einem Lumineszenzkonzentrator (LC). Der LC ist eine flexible Polymerfolie, die mit grünem Fluoreszenzfarbstoff dotiert ist. Trifft ein Photon mit ausreichender Energie auf den LC, wird der Fluoreszenzfarbstoff angeregt. Ein Teil dieser Reemission wird in der LC-Folie eingefangen und zum Rand geführt, wo ein faseroptisches Bündel das Signal einfängt. Anschließend werden die Bilder rechnerisch rekonstruiert. Ein Nachteil von diesem Ansatz ist eine relativ geringe Transparenz im LC-Panel aufgrund der Absorption des fluoreszierenden Farbstoffs.

Die Autoren schlagen eine elegante Methode vor, diese Einschränkungen zu überwinden, indem sie einen konventionellen Bildsensor auf den Rand eines transparenten Fensters legen, wie in Bild 1(a) dargestellt. Die Kanten des Fensters werden mit einem reflektierenden Band abgedeckt, mit Ausnahme des Teils, der dem Bildsensor zugewandt ist. Dieser Teil der Kante ist leicht aufgeraut, wie in Bild 1(b) dargestellt. Ein kleiner Teil der Strahlen von jedem Punkt des Objekts streut von dieser rauhen Oberfläche und wird vom Sensor gesammelt. Dieses Streubild bildet daher eine Punkt-Spreizfunktion (PSF) des Systems für diesen Punkt. Zuerst wird experimentell die PSF des Systems für alle Punkte auf einem Testobjekt (eine Anordnung von LEDs, wie unten beschrieben) gemessen. Als nächstes werden Bilder von beliebigen Objekten aufgenommen. Schließlich wird das lineare inverse Problem gelöst, um das Bild eines beliebigen Objekts aus den gemessenen PSFDaten zu rekonstruieren. Diese Idee wurde bisher ausgenutzt, um sowohl die linsenlose Fotografie [5] als auch die Mikroskopie durch eine chirurgische Nadel [6-9] zu ermöglichen.

Der Ansatz könnte Anwendungen wie Eyetracking in Augmented-Reality-Brillen oder auf der Windschutzscheibe eines Autos ermöglichen, ohne die Sicht des Benutzers zu behindern. Darüber hinaus könnten durch die Entfernung aller Linsen ultra-kompakte und „durchsichtige“ Kameras für Anwendungen ermöglicht werden, bei denen der Formfaktor wichtig ist.

Originalveröffentlichung: Ganghun Kim and Rajesh Menon

Optics Express Vol. 26, Issue 18, pp. 22826-22836 (2018)

Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Dr.-Ing. Anna Prenzel

Über das Buch

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Preis : 54,90 EUR

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